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...Zumeist ist das was in der Wiener Kulturpolitik unauffällig und hinter den Kulissen passiert interessanter als das offensichtliche.
Anbei ein kleiner Blick hinter die öffentliche Bühne in den Wiener Kulturausschuss und ein Leitfaden für Kulturschaffende wie man am effektivsten an Subventionen kommt.

Es gibt Sitzungen des Kulturausschuss, die deutlich machen, wo Kulturstadtrat
Mailath-Pokorny seine Prioritäten setzt und wie man am effektivsten in dieser
Stadt an Kulturgelder kommt.

Gestern 20.1. 2004 war wieder einmal eine solche Ausschusssitzung.

Folgende Lehren sind daraus zu ziehen:

Neben einer Reihe von kleineren Subventionen, die sich schon seit Jahren
unverändert auf der Subventionsliste der MA7 finden (z.B. der Wiener
Stegreifbühne (100.000 Euro) oder das Österreichische Blasmusikfestival
(295.000 Euro), galt es auch die Summe von immerhin 30.000.000 Euro für das
Mozartjahr 2006 zu beschließen.

Dass alle Subventionsakte (selbst jene für 2000 Euro an die Schubert-
Gesellschaft Wien-Lichtental) ausführlicher argumentiert waren, als der für das
Mozartjahr 2006 sei hier nur am Rande erwähnt.

Das Mozartjahr 2006 wäre ein Anlass zu zeigen, dass Wien auch im
zeitgenössischen künstlerischen Bereich einiges zu bieten hat und Mozart nicht
bei Marzipankugeln endet.

Ob der "Super-Intendant" Peter Marboe es schafft das Mozartjahr vom süßlichverklebten
Image wegzubewegen, bleibt abzuwarten. Dass er keine
argumentierten Anträge und Programmvorschläge vorlegen muss um Geld zu
bekommen, entspricht aber der Tradition in der Stadt, dass wer wirklich viel Geld
will, am besten ganz wenig Details seiner Planung zu den politisch
Verantwortlichen durchsickern lässt.

Lektion Nummer 1: Kürzere Anträge, wenig Inhalt, kein Text,
beträchtliche Summen im Budget sind offenbar gute Voraussetzung
für einen großen Scheck


Was offenbar auch wirkt, ist den Subventionsantrag von den richtigen Leuten
unterzeichnen zu lassen. Bei Durchsicht der Anträge auf der Tagesordnung stellt
man eines fest:

Nur wenige SubventionswerberInnen erhalten den Betrag den sie beantragt haben.
Zumeist ist deren Begründung warum so und so viel notwendig ist um das Projekt,
die Institution, die Arbeit des Vereins weiterzuführen stichhaltig und eindeutig.
Trotzdem bekommen die meisten nur einen Bruchteil.

z.B. Tagesordnungspunkt 12:
IG Kultur Wien, beantragt wurden 55.265 Euro, gezahlt werden 29.070 Euro;
oder Tagesordnungspunkt 13:
Verein Ensemble 20. Jahrhundert, beantragt wurden 40.000 Euro für das
Programm, gezahlt werden 18.000 Euro.

Interessant wird es dann bei Tagesordnungspunkt 14.
Da zeichnet eine gewisse Marianne Klicka einen Antrag für das Festival "Jugend
und Musik 2004 in Wien" und bittet in der Hoffnung "keine Fehlbitte getan zu
haben" (Originalzitat Antrag) um die bescheidene Summe von 62.000 Euro.
Und siehe da, die Summe wird abzüglich 1.000 Euro bewilligt.
Marianne Klicka ist Landtagsabgeordnete der SPÖ Wien und Mitglied unseres
Kulturausschuss.

Auch hilfreich scheint es zu sein, wenn man häufig den Landeshauptmann von
Niederösterreich oder dem Bürgermeister der Stadt Wien oder auch zwecks
Abwechslung dem Kulturstadtrat eine mediale Bühne bietet. Das 4-farb
Kulturankündigungsmagazin "K2", dass niederösterreichische und Wiener
Kulturveranstaltungen bewerben soll, tut genau das und wurde zu diesem Zwecke
auch geschaffen.

"K2" erhält die erkleckliche Summe von 182.000 Euro im Jahr, für das international
renommierte Kunstmagazin ?springerin? hat die Stadt im selben Ausschuss
20.000 Euro übrig.

Lektion Nummer 2: Finde einen SPÖ Gemeinderat, der das Ansuchen
unterzeichnet, oder bilde den Landeshauptmann häufig in Druckwerken ab


Nachdem auf der Tagesordnung nun also eine Menge ?alter Bekannter? Geld
bekommen haben, geht es zu den etwas neueren Kunstsparten: den Neuen
Medien.

Wie auch in den letzten Jahren gibt es für den Bereich Neue Medien, Internet und
Kunst nicht mehr als 72.000 Euro. Dieser Betrag ist seit 1998 Jahren unverändert.
Der Bedarf liegt bei mindestens dem Doppelten.
Im selben Ausschuss beschlossen: eine Subvention für Public Netbase, nur auch
da ist klar: zuviel zum Sterben, zuwenig zum Leben.

Lektion Nummer 3: Verschwende keine Zeit mit dem Schreiben von
Ansuchen für experimentelles, zeitgenössisches Schaffen, vor allem nicht
wenn?s mit Neuen Medien zu tun hat, dafür gibt?s sowieso nichts


21. Jänner 2004

Den Text als PDF zum downloaden: Drei Lektionen (pdf, 59 KB)